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Autobahn XXXV - durch vier Elemente

Objektbezeichnung:Gemälde
Sachgruppe:A. Gemälde
Hersteller:
Fijalkowski, Stanislaw
Datierung:1976
Maße:H: 100 cm, B: 73 cm
Material:Leinwand
Technik:Acryl
Das Bild, das im Rahmen eines Zyklus zum Thema Autobahn entstand, wird von einer schräg in den gesamten Bildraum gestellten olivgrünen Fläche beherrscht, die sich vom Übrigen deutlich und klar nach oben und unten abgrenzt. Kleine kürzelartige Striche leiten im oberen Bildteil über zudem graublauen Streifen. Der untere blasse Streifen ist durch ebensolche Striche auf der rechten Seite und eine bläuliche Farbwolke links mit der Haupt- und Mittelfläche verbunden. Mittig setzen die zwei schräg nach oben sich verjüngenden dünnen, weißen Striche als Außenränder der im Titel genannten Autobahn den dominierenden Akzent der Komposition. Sie enden abrupt kurz vor der oberen Kante des Mittelteils. Links im unteren Drittel der Hauptfläche wird ein schwarzer Punkt sichtbar, von dem aus sich eine Rauchfahne diagonal bis in die rechte obere Bildecke erstreckt. Fast spiegelsymmetrisch rechts befindet sich ein eben solcher Punkt.

Daß dieses Bild keine traditionelle Landschaftsdarstellung ist, wird schnell deutlich. Die ganze Komposition changiert zwischen dem Zeichenhaft-Geometrischen, wie es an der Flächenhaftigkeit, Bildaufteilung und unnaturalistischer Autobahndarstellung unmittelbar ersichtlich ist, und dem Organischen, das durch die Rauchwolke und die blaue Farbwolke repräsentiert wird. Abstraktion und organische Elemente halten sich hier die Waage. Dennoch bleiben alle Dinge zeichen- und signalhaft.

Das Bild erhält seine Spannung durch die polaren Gegensätze, die hier zur Anschauung kommen. Fija?kowskis Bild kann als abstraktes Zeichen gedeutet werden, das uns auf die Widersprüchlichkeit von Natur und Mensch aufmerksam machen will, indem er paradigmatisch für unsere natürliche Welt die vier im Titel erwähnten Elemente auftreten läßt: Erde (olivgrüne Fläche), Feuer (schwarzer Punkt mit Rauchfahne), Wasser (blaue Farbwolke unten) und Luft (Himmel). Hierhinein schneiden brutal die beiden nicht zu Ende geführten Autobahnbegrenzungslinien als die von Menschenhand in die Natur gesetzten Elemente.

Fijalkowskis Ziel war es u. a. in dieser Serie, die plane Bild ebene weitgehend mit abstrakt-geometrischen Bildelementen zu gliedern und dabei jede Art von naturalistischer Darstellungsweise zu vermeiden. Diese Darstellungsweise erlaubt es dem Künstler, metaphorische Anspielungen zu machen. Hierdurch entsteht für den Betrachter eine interpretatorische Offenheit, die letztlich seiner Intuition die Deutung überläßt: "Der Weg des Betrachters und der Weg des Künstlers müssen nicht unbedingt in demselben Punkt zusammenkommen, denn im Werk, das aus dem Intuitiven wächst, regiert die Mehrdeutigkeit, und deren Struktur ist locker und aufnahmefähig? Der Betrachter muß nicht immer bis aufs letzte alle Motive verstehen, die das Werk enthält. Der Künstler einigt sich mit dem Zuschauer indirekt durch das Bild - und auch das nur in gewissen Grenzen." 1

Bezüglich der Autobahn-Bilder schrieb eine polnische Kunstwissenschaftlerin: "Es scheint nicht nur die Zweideutigkeit der Perspektive zu veranschaulichen und auch nicht nur die Allegorie einer aggressiven Intervention in das Grün der Fläche als Symbol des Lebens. Die Autobahn und dazu die Linie des vermeintlichen Horizonts zeigen das allgemeine Problem, ob ein Bild darstellt oder ganz einfach ist. 2

Als Betrachter begegnet man in diesem nicht vollständig deutbaren Gemälde einem abwechslungsreichen Spiel von poetischer Emotion und Rationalität.
Th. R.

1 zit. n.: Urszula Czartoryska, Zum Werk von Stanislaw Fijalkowski, in: Ausst. Kat. Stanislaw Fijalkowski, Bilder und Grafi k 1965 - 1977, Lübeck,
Osnabrück, Hannover, Bochum 1977 - 1978, S. 6
2 siehe Anmerkung 1, S. 10

Inventarnummer: 1977-212

Signatur: bezeichnet (rückseitig: 124 XXXV Autostrada - popriez cztery Zywioty - 1976)

Abbildungsrechte: Kunsthalle St. Annen