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Grafik

Objektbezeichnung:Grafik
Sachgruppe:Zeichnung / Grafik
Hersteller:
Hrdlicka, Alfred
Datierung:1971
Maße:H: 63 cm, B: 90 cm
Material:Papier
Technik:Radierung
Alfred Hrdli?ka gehört zu den bedeutendsten Bildhauern unserer Zeit. Er begann seine Ausbildung 1946 mit dem Studium der Malerei an der Wiener Akademie bei Albert Paris Gütersloh und Josef Dobrowsky und studierte ab 1952 Bildhauerei bei Fritz Wotruba. Mit seinen graphischen Zyklen, die ihm zahlreiche Preise einbrachten, verschaffte er sich neben seinen Erfolgen in der Bildhauerei auch auf diesem Gebiet internationale Anerkennung. Zu den aufschlußreichsten Werken dieser Art zählt die Mappe mit acht Radierungen zu Elias Canettis Roman Masse und Macht. Eine geistige Verwandtschaft zwischen dem künstlerischen und dem literarischen Werk der beiden führte schließlich zu weiteren Arbeiten Hrdli?kas, zum Beispiel zu Canettis Hochzeit oder Das Chaos des Fleisches. "Alle Macht in der Kunst geht vom Fleische aus", so lautet der Kernsatz Hrdli?kas für sein künstlerisches Tun, und sein gesamtes Oeuvre durchzieht die Auseinandersetzung mit der torsierten, gequälten und gemarterten menschlichen Gestalt in ihrer durch Anomalien, Psychosen und Perversionen verursachten Deformation. Es ist das entgeistigte, auf das Animalisch-Triebhafte reduzierte, rohe und gewalttätige Fleisch, das sich in nackter, dumpfer Gier des anderen bemächtigt. In dem hier abgebildeten Blatt mit dem Titel Die Fleischheit des Fleisches schildert der Künstler die totale Schändung des Fleisches durch das Fleisch in höchst drastischer Weise. Mit wie geschrieben wirkendem, kritzelhaftem Strich sind die agierenden Figuren und deren Gliedmaßen unentrinnbar ineinander verstrickt und verwoben; sie zerschneiden, zersägen, verstümmeln, umschlingen und verschlingen einander in sinnlosem Zerstörungswahn. Neben solchen ins allgemeine zielenden Aussagen über die dunkle Seite der menschlichen Existenz beschwört der Künstler häufig auch einzelne Gestalten der Mythologie wie Marsyas, der Religion wie Kain und Abel oder der Geschichte wie den Lustmörder Haarmann, die Mörderin aus Liebe, Martha Beck, und den zu Sadismus und Masochismus neigenden Erzieher Schreber, deren Einzelschicksale er ins Überzeitliche abstrahiert. Was Max Beckmann, Otto Dix und George Grosz in ihren alptraumhaften Visionen für die Geschehnisse des Dritten Reiches vorausgeahnt haben, das erlebt Hrdli?ka als Kontinuität animalischen Menschenverhaltens.
U. P.

Literatur:
  • Rodiek, Thorsten / Brigitte Heise / Gerhard Gerkens / Hildegard Vogeler / Ulrich Pietsch / Susanne Peters-Schildgen: Geschenkt - Gestiftet - Gekauft, Hamburg: ConferencePoint Verlag, 2003

Inventarnummer: 1982-332-1

Signatur: bezeichnet (u.r.: Hrdli?ka 1971)

Abbildungsrechte: Kunsthalle St. Annen


Ikonographie:     
Werke der Literatur