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Fine and Mellow - Grau I

Objektbezeichnung:Gemälde
Sachgruppe:Malerei
Künstler:
Gonschior, Kuno
Datierung:1987
Maße:H: 60 cm, B: 50 cm
Material:Leinwand
Technik:Öl
„Ein nie endendes Excitement“, war die Antwort des Malers und Farbtheoretikers Josef Albers als er 1970 gefragt wurde, was Farbe für ihn bedeute und es wäre zu vermuten, dass der gut eine Generation jüngere Kuno Gonschior etwas Ähnliches sagen könnte, ist doch seine künstlerische Arbeit seit seinen postinformellen Anfängen um 1960 ganz auf die analytisch und theoretisch grundierte gleichwohl stets als Malerei betriebene Auseinandersetzung mit Farbe konzentriert. Sein Anliegen formulierte Gonschior 1979: „Ich betreibe eine Analyse des Mittels Farbe; d. h. eine Besinnung auf das, was Farbe ist, wie sie zusammengesetzt ist, als Pigment usw., was sie in chemischer, physikalischer, physiologischer usw., aber auch in existenter Hinsicht ist.“ „Meine Methode:“ , schrieb er drei Jahre später, „ich arbeite wie in einem Laboratorium experimentierend und kalkulierend in Serien, die sich nur durch geringe Nuancen voneinander unterscheiden. Dabei bilde ich Gruppen, zerlege die Serien in Versuchsanordnungen und bilde ? immer wieder elementar ansetzend ? neue Konstellationen zugleich behutsam in diesen Prozess hineinhorchend. Meine gesamte bisherige Arbeit ist seriell bestimmt, eine Serie von solchen Serien.“ Trotz solch systematischen Vorgehens geht es Gonschior nicht um wissenschaftliche Erkenntnis sondern um Bilder, um die Möglichkeit diverse, mit den Mitteln der Malerei realisierte Farben im Zusammenhang anderer, auf gleicher Grundlage geschaffener Werke zu sehen.
Darauf zielen auch die 1987 entstandenen Bilder „Fine and mellow ? Grau 1“ und „Fine and mellow ? Blau + Grün“. Sie sind wie fast alle Arbeiten Gonschiors als autonome Einzelwerke zu verstehen und zugleich Teile eine Gruppe zu der weitere formatgleiche Arbeiten gehören, die neben dem Serientitel Fine and mellow die Zusätze ? Gelb, ? Ultramarin und ? Rot tragen und so das Farbspektrum dieser Folge umreißen. Zur Vergleichbarkeit der Bilder trägt auch der ihnen gemeinsame Aufbau und Duktus bei, eine gleichmäßige, zentrumslose „Bedeckungsstruktur“ (Matthias Bleyl) aus mit dem Pinsel gesetzten Flecken; lediglich in den Randbereichen ist dieses ungestische Muster stärker zum abgedunkelten Farbträger geöffnet von dem sich die Malerei als ein leicht vibrierendes, helleres Feld wirkungsvoll abhebt.
Die besondere Farbigkeit der Bilder dieser Serie resultiert aus der Schichtung von Farben, dem subtilen Zusammenspiel diverser Töne, Temperaturen und Kontraste. Exemplarisch zeigt fine and mellow ? Grau 1 wie ein Gesamteindruck, eine Farbwirkung als Farbenwirkung zustande kommt. Das verhaltene warme, farbige Grau dieses Bildes setzt sich zunächst aus dunklem und hellerem Grau zusammen. Zahllose Nuancierungen zwischen diesen beiden Tönen ergeben sich durch Berührungen und Überlagerungen der Farbflecke, durch punktuelle Vermalungen, ohne dadurch die Partikularität dieser Setzungen zu beeinträchtigen. Ebenso mischen sich die in tieferen, weitgehend verdeckten Schichten gemalten roten und komplementär grünen, sowie blauen Partikel ins Grau. Und sie verursachen als sichtbare Buntfarben ein irritierendes farbiges Flackern, setzen das Grau unter Spannung. Alle diese Aspekte der Farbkonstitution sind augenfällig und nachvollziehbar im Bild aufgehoben.
Ungeachtet aller analytischen Intentionen des Künstlers gibt es gerade bei den Bildern der Fine and Mellow-Serie eine emotionale Ebene, die sich ? abgesehen von unmittelbar wirksam werdenden affektiven Qualitäten der jeweiligen Bildfarbe - diskret über den Umweg des Titel dieser Gruppe ergibt. Vergleichsweise wenige Arbeiten Gonschiors tragen Namen, die über Farbbenennungen oder knappe Strukturbeschreibungen hinausgehen. Innerhalb der kleinen Gruppe von Werktiteln Gonschiors ist das englische „fine and mellow“ besonders auffallend. Im Zusammenhang mit Farbe und Licht könnte diese Wendung soviel wie „schön und warm“ bedeuten, höchst wahrscheinlich aber bezieht er sich auf die gleichnamige Komposition der amerikanischen Jazzsängerin Billie Holliday, die diese auch in zahlreichen Coverversionen vorliegende tief empfundene, elegische Liebesklage selbst mehrfach aufgenommen hat. Die im musikalischen Kontext aufscheinende affektive Dimension erweitert, vervollständigt das Spektrum der bildnerischen Auseinandersetzung mit der Farbe, erschließt der Arbeit neue Erfahrungsräume ohne ihre explorativen Qualitäten aus den Augen zu verlieren.
Jens Peter Korver

Inventarnummer: 226kugo

Signatur: Ungegenständlich

Abbildungsrechte: Provinzial Kunstsammlung


Ikonographie:     
Abstrakte Ideen / Konzepte