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Wörter mit Schlamm gefüllt... (Blatt 6 der Mappe)

Objektbezeichnung:Grafik
Sachgruppe:Zeichnung / Grafik
Künstler:
Stöhrer, Walter
Hersteller:Weber, Norbert
Ort:Mit originalem Papierrand
Datierung:1999
Maße:H: 57,3 cm, B: 39,5 cm
Papier: H: 79,5 cm, B: 54 cm
Material:Papier
Technik:Monotypie
Kaltnadel
Die Zusammenarbeit zwischen Norbert Weber und Walter Stöhrer begann 1994. Die Kunsthalle zu Kiel hatte bei Stöhrer zwei Radierungen als Jahresgabe für den Schleswig-Holsteinischen Kunstverein bestellt, die in der Werkstatt von Norbert Weber gedruckt wurden. Der Entstehungsprozess war, wie in solchen Fällen üblich, arbeitsteilig. Der Künstler legte einen verbindlichen Probedruck vor, Norbert Weber druckte daraufhin die Auflage.
Diese Arbeitsteilung wurde 1999 aufgehoben als es um die Frage ging, ob es im Interesse der künstlerischen Intentionen Stöhrers liegen könne, Farbradierungen herzustellen.
Stöhrer und Weber kamen überein, Monotypien anzufertigen, wobei Künstler und Drucker diesmal Hand in Hand arbeiteten. Ausgangspunkt wurde eine Folge von Kaltnadelradierungen, bei der es sich um Paraphrasen zu Gedichten des seit 1986 in Paris lebenden syrischen Dichters Adonis handelt.
Weber hat die einzelnen Platten zunächst wie bei einem normalen Druckvorgang mit einer blauschwarzen Grundfarbe ausgewischt, anschließend hat Stöhrer zusätzliche Farben angemischt und mit dem ihm eigenen Gestus auf die Platte aufgetragen. Erst jetzt wurde die Platte gedruckt, das Resultat kann als gedruckte Malerei verstanden werden, wobei es sich bei jedem Blatt um ein Unikat handelt. Das Besondere hierbei ist, dass sich die Kraft der Kaltnadel und die Virtuosität der Malerei verbunden haben. Dieser Prozess wurde bei allen 12 Platten zehnmal wiederholt, die einzelnen Blätter sind zu einem Mappenwerk vereinigt, das nach folgenden Gedichtzeilen des Adonis benannt ist:
Wörter, mit Schlamm gefüllt.
Wörter, mit Wehen geschmückt -
Die Kombination von Graphik und Malerei gibt Stöhrer die Möglichkeit, seine druckgraphische Bildvorlage, die stets zwischen Chaos und systematischer Ordnung angelegt ist, künstlerisch zu interpretieren. Der Betrachter spürt die Konzentration, wenn die hingewischte Farbe den Spuren des graphischen Lineaments folgt und so den Impuls der Kaltnadel steigert oder in einem eruptiven Richtungswechsel dagegen hält, um die Eigenständigkeit der Malerei zu behaupten. Durch den Auftrag mit Gaze gewinnt das Farbgemisch räumliche Bewegung und graphische Struktur. Malerei und Graphik führen einen Tanz auf, der wie stets bei Stöhrer von „innerer“ Unruhe, von Lebensangst und rauschhafter Lebensfreude zeugt. Vor allem das dänische Publikum wird hier Parallelen zu den Künstlern der Cobra-Gruppe erkennen, die sich wie Asger Jorn oder Jean Dubuffet auf Kinderzeichnungen oder die Kunst der Geisteskranken beziehen. Jens Christian Jensen ist der Frage der Bedeutung der Literaturzitate nachgegangen, mit denen Stöhrer sehr oft ein Bild, oder wie in diesem Fall, die Kaltnadelradierung, beginnt. Stöhrer sieht sich durch die Lektüre in seinen Empfindungen und seiner Weltsicht bestätigt: „er verankert diese Zitate in sein Bild, um einerseits den geistigen und geistesgeschichtlichen Boden, auf dem er steht, bekenntnishaft in Linie und Farbe einzubetten.
Andererseits bringt er so...seinen Hunger nach Erkenntnis, seine Sehnsucht nach Überdauern in seine vitale wie obsessive Kunst ein. Denn sein Bild soll sein Ich spiegeln, so umfassend und so eindringlich wie möglich. Mit diesen
Anfangs-Wörtern und ersten Zitaten, mit der folgenden Zeichnung, die dem Bild die Nervenstränge einpflanzt, und mit der schließlichen Illumination der im imaginären Bildraum driftenden, kreisenden und vulkanisch ausbrechenden
Lineaturen durch intuitiv und spontan hingesetzte, hingestrichene Farben ist sein Bild Seismograph seiner
Existenz.“
Ulrich Schulte-Wülwer

Inventarnummer: 527wast

Signatur: Abstrakt

Abbildungsrechte: Provinzial Kunstsammlung


Ikonographie:     
Literatur
     
Mensch