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Trauernde Friesin

Objektbezeichnung:Gemälde
Sachgruppe:Malerei
Künstler:
Dettmann, Ludwig
Maße:H: 59 cm, B: 43,5 cm
Rahmen: H: 70,5 cm, B: 54 cm, T: 4,5 cm
Material:Leinwand (auf Pappe gezogen)
Technik:Öl
Stil:Kunst des 19. Jhdt. / Frühe Moderne
Der Name Ludwig Dettmann wird mit der Avantgarde, der Berliner Sezession und dem Impressionismus verbunden. Der aus Flensburg stammende Maler hatte zwar eine strenge akademische Ausbildung an der Berliner Akademie für bildende Künste genossen, zeigte sich jedoch mit der dort herrschenden traditionellen Kunstauffassung nicht einverstanden. Dettmann wollte nicht bloß das Handwerk erlernen, sondern sich eigenständig malerischen Problemen stellen. Studienreisen nach Paris, London und Holland ermöglichten dem jungen Künstler die Berührung mit Arbeiten William Turners, französischer Impressionisten und Werken der Haager Schule. Die heimatliche Landschaft gewann um 1900 immer mehr an Bedeutung für den in Königsberg lebenden Maler. Häufig unternahm er Reisen in den Norden Deutschlands, bei denen ihn sein Freund und Kollege Otto Heinrich Engel begleitete. 1901 verbrachten sie einen Studienaufenthalt auf Föhr, einer Insel, die seit den 1870er Jahren ein beliebtes Ziel für Künstler geworden war, die versuchten, das dortige traditionsreiche Leben anschaulich zu machen. Auch Ludwig Dettmann zeigte sich ergriffen. Sowohl die friesische Landschaft und Atmosphäre faszinierten ihn, als auch die "würdevolle Erscheinung der schlanken friesischen Mädchen in ihrer Tracht" (zit. nach Potztal, S. 125). Die vorliegende Ölstudie zum Gemälde "Friesische Frauen, den Kirchhof verlassend" zeigt in sehr verhaltenen Tönen Elemente dieser Tracht. Die trauernde Frau trägt das typische Schultertuch, das mit einer Vielzahl von Nadeln an Brust- und Schulterbereich ihrer Bluse aufwendig festgesteckt wird. Eine sehr helle Schürze über dem weitfaltigen Rock kontrastiert das dunkle Oberteil. Den Kopf bedeckt sie mit dem traditionellen Tuch, welches so umgebunden wird, dass der Hinterkopf frei bleibt, um die kunstvollen Zopfgeflechte der Frauen sichtbar zu lassen.
Obwohl Dettmann großen Wert auf die Authentizität seiner Motive legt, verliert er sich nicht in Details. Er dokumentiert nicht, wie andere Volkslebenmaler seiner Zeit, das Leben der Einheimischen, sondern hüllt alles in einen stimmungsvollen Dunst des Gesamteindrucks. Die Tracht fungiert hierbei nur als Identifikator einer traditionsgebundenen, modeunabhängigen Gesellschaft und soll nicht mit wissenschaftlicher Genauigkeit untersucht werden. Die Figur, ihre emotionale Situation sowie der kulturelle und landschaftliche Hintergrund, auf dessen Grundlage sich ihr gesamtes Gebaren konstituiert, stehen im Vordergrund. Die Überschneidung der Figur durch den Bildrand lässt das Bild fotografisch-momenthaft wirken. Der Betrachter bekommt die Gelegenheit, sich in unmittelbarer Nähe dieser verhalten trauernden, stolzen Frau zu stellen und die schmerzende Einsamkeit in dieser weiten, rauen Region zu erfahren, der sie sich stellen muss. Den kurzen Augenblick, in dem sie sich diesem Gefühl, das Gesicht in ihr Tuch vergrabend, hingibt, hält Ludwig Dettmann fest. Es sind solche rasch gesehenen Momente und ihre ganz eigene Stimmung, die der Maler im Bild zu bannen suchte und für die er durch die frühere Arbeit als Bildberichterstatter ein feinsinniges Auge besaß.
Q.:Monika Potztal: Ludwig Dettmann 1865-1944 - Zwischen Avantgarde und Anpassung, Flensburg 2008, S. 11-57, S. 122-132, S.181.

Literatur:
  • Potztal, Monika: Ludwig Dettmann 1865-1944 - Zwischen Avantgarde und Anpassung, Flensburg, 2008
  • Sedlmaier, Richard (Hrsg.): Kunsthalle zu Kiel. Katalog der Gemäldegalerie, Kiel, 1958
  • Kunsthalle zu Kiel. Katalog der Gemälde. bearb. v. Johann Schlick, Kiel, 1973

Inventarnummer: 542

Signatur: bezeichnet (u. l.: Ludwig Dettmann)

Signatur: bezeichnet (a. d. Rückseite: Ludwig Dettmann Berlin-Dahlem Humboldstr. 7 "Trauernde Friesin (Föhr) mit Trauertuch" Oel.)

Abbildungsrechte: Kunsthalle zu Kiel


Ikonographie:     
Mensch
     
Emotionen, Gefühl